Ulrike

Weihnachten. 23 Uhr. Eben die letzte Kerze ausgemacht. Da torkelte ein betrunkenes, vielleicht obdachloses Paar herein mit dem Wunsch jetzt zu heiraten. Es war eisekalt, ich war fertig von meinem ersten Weihnachtsgottesdienst und ...
die beiden offensichtlich in einem anderen Zustand. Heiraten geht jetzt irgendwie nicht, habe ich gesagt und gemerkt, dass sie jetzt einfach etwas brauchen.
Ich kann ihnen eine Geschichte erzählen, habe ich gesagt. Super, meinten die. Bin ich mit denen zur Krippe, die Kerze in der Krippe angezündet und habe ihnen die Geschichte erzählt als ihre Geschichte: ...
Dass da Zwei auf der Suche sind, dass da ein Neustart bevorsteht, mit dem Kind als Sinnbild für jeden Neuanfang. Und dann haben sie sich auf die Stufen vor dem Altar gesetzt und ich habe sie gesegnet. Gefühlt 5 Minuten Stille. Wahrscheinlich nur 10 Sekunden. Danach ...
sind die raus in die Nacht. Nie wieder gesehen. Die würden auch sicher nie in einen Gottesdienst kommen. Aber sie haben für einen kurzen Moment das bekommen, was sie gebraucht haben.
Segen hat nichts Missionarisches. Es kann nur ganz kurz den Himmel öffnen. Der Segen hat etwas Weitendes. Er kann Menschen berühren, die mit Kirche nichts am Hut haben.
Jesus hat die Leute gesegnet, nicht, damit es besser geht. Das glaube ich nicht. Wenn Segen alles besser machen würde, dann müssten wir ja einfach nur alle immer segnen und es würde alles besser. Aber so funktioniert ja Gott nicht. Und auch der Mensch nicht.
Der Segen ist nicht dazu da, dass es besser geht. Ich gehe zum Yoga, dass es mir besser geht oder mache Achtsamkeitsübungen, dass es mir besser geht. Aber beim Segen, da gibt es keine unmittelbare Verbindung.
Der Segen liegt sowohl auf dem Zerbrochenem als auf dem, was gerade zerbricht oder was gerade zusammengewachsen ist. Das macht den Segen für mich so heilig.
Der Segen ist diese ganz kurze Berührung mit dem, was wir eben nicht mit unseren Händen greifen können.
Er wird sichtbar eben durch die Anderen. Den kann ich mir nicht selber geben. Yoga kann ich komplett alleine machen, Achtsamkeitsübungen kann ich komplett alleine machen. Aber ich kann mich nicht selbst segnen. Das funktioniert nicht. Ich bin angewiesen. Und ...
... diese Angewiesenheit zeigt sich, klingt jetzt wie so eine theologische Floskel, aber ist tatsächlich so – diese Angewiesenheit zeigt sich in den Segenshandlungen.
Ulrike TreuPfarrerin
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Marlén

Ich habe den Segen auch mal bei einer Hochzeit gesungen. Ich habe denen die Hände aufgelegt und das war wie schweben.
Oder Leute sagen, das war wie ein helles Licht, das durch mich durchfloss. Sowas sagen Menschen. Manche sagen auch gar nichts. Logisch ...
Und bei denen, die was sagen, habe ich das auch immer selber so empfunden. Nicht unbedingt mit dem gleichen Bild oder mit dem gleichen Wort.
Aber wenn die mir sagen, da hat sich was ereignet, dann habe ich das auch gespürt.
Das war noch nie, dass einer gekommen ist und gesagt hat: „Och war das intensiv Marlén“, und ich habe gedacht: „Och, ich habe gar nichts gemerkt.“ Also so war es noch nie. Klingt einleuchtend oder? (lacht)
Ich glaube, Segnen ist möglich einzig und allein – ist meine These – weil man gute Beziehungen erlebt hat. Heißt das, dass ein Mensch, der keine guten Beziehungen gemacht, nicht segnen kann? Das will ich gar nicht sagen. Aber Segen ist ja Beziehung und ich habe selber auch immer den Eindruck, Segnen gelingt …
Also mein Gefühl ist, wenn ich mich gesegnet fühle, wenn mich jemand gesegnet hat, dann geh ich anders durch diese Welt. Ich habe eine andere Kraft, einen anderen Rückhalt, einen anderen Stolz vielleicht auch. Also insofern kann der Segen dazu beitragen, das etwas besser wird. Aber ohne dass es so geht: Segen drauf und dann ist alles besser. Das ist ja Quatsch.
... also wenn so was gelingen kann … also ich habe selber den Eindruck, wenn ich segne, dann spüre ich auch ganz viel von dem anderen. Ich spüre, ob der aufmacht oder die aufmacht. Ich spüre, dass da wirklich was ins Fließen kommt.
Was hab‘ ich davon, ist eine völlig legitime Frage, das fragen Menschen wirklich. Und da kann man dann vielleicht einfach nur sagen: probier es aus.
Und ich will es jetzt mal vergleichen mit einem Kuss ...
Was hast du von einem Kuss? Na klar, man kann jetzt medizinisch sagen, es werden 77 Gesichtsmuskeln angespannt, es wirkt schon irgendwie … ja … Aber wie es sich anfühlt und so, das ist wahrscheinlich ja total unterschiedlich. Ob dir der Kuss aufgezwungen wurde von Tante Erna oder ob es dein Liebster ist, der dich küsst …
was für ein Unterschied. Und so ist es mit dem Segen vielleicht auch.
Ich weiß nicht, wie so ein Segen aussehen kann. Aber ich hätte Lust, sowas zu erfinden.
Marlén ReinkePfarrerin
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Heike

Zwei Jahre lang war ich Krankenhauspfarrerin. Ich fand es reizvoll, die einzige Person zu sein, die man wegschicken darf als Patient.
Im Krankenhaus war das Geschenk, dass ich zu den Leuten gegangen bin. Ich habe nicht auf die gewartet, die in die Kirche kommen. Sondern ich bin einfach eingetreten in alle möglichen Zimmer und da haben sich Gespräche ergeben, die eine große Intensität hatten. Und …
… auch wenn die Leute absolut kirchenfern waren, habe ich einen Segen angeboten und ich bin eigentlich nie abgelehnt worden. Und da geht es ja nicht um mich, dass ich nicht abgelehnt wurde, sondern dass da ein Gefühl oder ein Verständnis davon da ist, dass der Segen etwas Gutes ist.
Wir saßen dann am Krankenhausbett und das waren ja keine Einzelzimmer, sondern mehrere Betten. Aber es war dann wie in so einer Blase. Diese Berührung im Segen, das hatte erstmal nichts mit dem Alltag zu tun. Sondern irgendwie – also vielleicht würden die Leute das anders beschreiben – für mich war es, wie …
auf einer Grenze zu balancieren, die auf etwas verweist, wo unsere Hoffnung hingeht. Als Pfarrerin kann ich kein Versprechen geben, aber ich kann davon künden. Und das hat ganz viel mit mir selber gemacht.
Ich gehe aus einer Segenssituation befriedigt oder erfüllt raus, wenn ich das Gefühl habe, es gab eine gute Verbindung zwischen uns. Wenn ich das Gefühl habe, ich habe mein Gegenüber erreicht zwischenmenschlich und konnte auch gut einen Weg mitbegleiten. Was auch immer Begleitung heißt. Es geht nicht darum, dass alles immer nur harmonisch ist.
Der Segen ist nicht nur das Sahnehäubchen auf dem eigenen Leben. Das ist kein weichgespülter Wohlfühlgott. Wenn er von einer gerechten und liebevollen und friedfertigen Welt spricht, dann …
können das erstmal abgedroschene theologische Begriffe sein. Aber wenn man die sich auf der Zunge zergehen lässt, dann ist das doch wirklich ein Programm. Das muss irgendjemand tun!
So wie er uns respektvoll gegenübertritt, so nimmt er uns auch in die Verantwortung. Er nimmt uns ernst. Ernstnehmen heißt eben, dass wir uns gegenseitig ernstnehmen. Deswegen finde ich ja auch den Segen im Gottesdienst oder in der Gemeinschaft, wo alle zusammen sind, so schön.
Wir sind miteinander verbunden und wir tragen Verantwortung für uns und füreinander.
Heike IberPfarrerin
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Claudia

Für mich kann Segen auch so wie eine Art Mantel sein; wenn man versuchen möchte, ein Bild für den Segen zu finden.
Ich glaube, dass auch Trennung gesegnet werden sollte. Und zwar nicht nur von Paarbeziehungen welcher Couleur auch immer, sondern auch von Freundschaftsbeziehungen. Da geht es ja auch um Trauerarbeit ...
Manche Freundschaften schleichen sich aus und man bleibt mit so einer Sehnsucht in sich zurück. Aber das funktioniert alles nicht mehr und vieles würde einfacher sein, wenn man jetzt sagen würde: „Okay. Es gab eine gute Zeit. Aber ...
diese Freundschaft ist jetzt hier erstmal an ein gewisses Ende gekommen.“ Weil der Punkt ist, dass der Segen diese Situation, in der wir uns befinden, bewusst macht.
Wir segnen ja keine beendeten Freundschaften. Sondern es geht darum, im Segen diese Situation wahrzunehmen ...
sich selbst wahr zu nehmen … und darin gesegnet zu werden.
Segen meint dieses: Ich werde gesehen.
Einen Menschen heimlich von der Ferne aus segnen, geht glaube ich nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Segen wirkt, auch wenn man selber nicht bewusst weiß, was Segen ist.
Wenn ich zum Beispiel bei einer Kindertaufe das kleine Kind segne, dann ist es ja nicht so, dass das Kind bewusst aufnimmt „okay, ich werde jetzt gesegnet“. Aber dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass der Segen für das Kind wirkt - sonst würde ich es, glaube ich, auch nicht machen.
Dieses Berührenlassen ist es vielleicht, was da eine Rolle spielt. Und ich glaube, da gibt es eine große Sehnsucht in den Menschen, egal ob die jetzt einen kirchlichen Hintergrund haben oder so. Dieses ganz persönlich berührt werden, gesehen werden …
Das drückt Segen auch für mich aus: Das tiefe Gefühl, da ist etwas, was mich trägt, was mich ummantelt, das ist da und das kann ich ansprechen, das kann ich im Segen aussprechen, einer anderen Person zusprechen, aber das mache ich nicht und ich kann es auch nicht wegmachen, sondern es ist immer da.
das ist ein ganz tiefes Bedürfnis des Menschen. Also ich glaube, dass jeder Mensch auf gewisse Weise was mit Segen anfangen kann.
Claudia MiethPfarrerin
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Bertold

Wenn ich das jüngeren Kollegen sage, die in meinem Kirchenkreis schwul sind, die können sich das gar nicht mehr vorstellen. Aber die damalige Kirche war schwer homophob.
Deswegen haben meine Eltern große Sorgen gehabt, dass ich gewaltige Schwierigkeiten haben werde. Und die hatte ich ja auch.
Aber ...
Deswegen haben meine Eltern große Sorgen gehabt, dass ich gewaltige Schwierigkeiten haben werde. Und die hatte ich ja auch.
Aber ...
... ich wusste, ich kann und will mein Schwulsein nicht verstecken, weil das unevangelisch wäre. Und ich wusste auch, dass ich mich nicht ändere. Dann muss sich also die Kirche ändern.
Meistens ist es so, dass man in ein Leben geworfen ist, wo man im Grunde wenig planen kann und abhängig ist. Da kann ich dann immer sagen: Ich bin für die Widrigkeiten des Lebens gewappnet, weil über mir ein Wesen wacht, das es gut mit mir meint. Er meint es gut oder sie oder es. Sie meint es gut mit mir.
Ich mach' das so gerne, die gleichgeschlechtlichen Trauungen, weil ich dann mit den Paaren die Trauversprechen formuliere. Das ist eine ganz tolle Arbeit. Was heißt das: Ich will dir treu sein? Was heißt das: ich will zusammen mit dir Gott und den Menschen dienen? ...
... Und dann deklinieren wir das ganze Trauversprechen durch. Denn, was man sich einander verspricht, das muss im Konsens formuliert sein. Und dann sagt das Paar: „Ja. Das lernen wir auswendig und sprechen es uns selber gegenseitig zu.“ Aber ...
... das klappt eben nicht. Das ist alles zu ergreifend. Überwältigungsliturgie.
Die sitzen bei der Trauung mit glasigen Augen vor mir und bringen kein Wort raus. Bis ich ihnen das Trauversprechen vorsage. Dann geht es. Und ich denke mir: Es wäre jetzt unfair, wenn ich sie vorher um eine Wette gebeten hätte ...
... Weil ich ja wusste, dass das so kommt.
Bertold HöckerPfarrer
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Kathrin

Ich überlege mich manchmal, was es wäre, wenn ich jetzt nicht kirchlich gebunden wäre, wenn ich keine Christin wäre. Ob ich dann so was wie Segen suchen würde? Wo würde ich dann suchen? Ich finde das eine spannende Frage ...
Denn ich habe ja einen Ansprechbereich, wo ich das alles zur Sprache bringen kann, was ich mir wünsche. Für alle Lebenssituationen.
Neulich kamen Geflüchtete zu mir, die meinten, kirchlich nicht heiraten zu können, weil ihnen die Papiere für eine standesamtliche Hochzeit fehlten. Und sie haben sich eine kirchliche Trauung so gewünscht. Also habe ich vorgeschlagen, einen Segens-Gottesdienst für sie zu feiern. Das geht ja alles.
Segen ist so niedrigschwellig. Das ist nicht eingeschränkt auf Mitgliedschaft oder was. Auf gar nichts. Segen kann doch jeder bekommen.
Kathrin OxenPfarrerin
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Eike

Ich habe mal eine Beziehung in dem Moment gesegnet als klar war, dass die Beziehung bald enden wird. Die beiden kannten sich so ein dreiviertel Jahr, haben gemeinsam die Sterne angeschaut. Auf einmal war er sterbenskrank ...
Ich habe mich aufgemacht ins Krankenhaus und wir haben Hochzeit gefeiert am Sterbebett. Er hat gelacht. Sie hat gelacht. Sie haben die Ringe getauscht, sich haben sich einen Kuss gegeben. Es war alles dabei ...
... Traumhochzeit am Sterbebett. Für einen Moment zu vergessen, wie verletzlich das Leben ist und wie schnell es auch enden kann, das tat den beiden so gut.
Segen erlebe ich als sehr befreiend. Unverdientes Lebensglück. Auch als großes Geschenk. Ich habe nicht selber in der Hand, wie es mir gerade geht. Ich muss es nicht in der Hand haben ...
Segen erhebt Einspruch gegen die die Tyrannei des gelungenen Lebens. So nenne ich es bisschen verschwurbelt.
Ich bin geschieden und da fehlt mir was. Ich würde wahrscheinlich sogar einen Trennungssegen begehren. ja. Vielleicht ...
Ich weiß nicht, wie so ein Segen aussehen kann. Aber ich hätte Lust, sowas zu erfinden.
Eike ThiesPfarrer
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Corinna

Segen ist auch etwas Politisches. Wenn ich das auf den Ride of Silence übertrage, dann geht es darum, dass wir als Kirche uns mit einem Anliegen der Stadtgesellschaft verbinden. Es gibt diese jährliche Gedenkfahrt für die ...
im Berliner Straßenverkehr durch Zusammenstöße getöteten Radfahrenden.
Als Kirche teilen wir nicht nur den Wunsch nach Veränderung, sondern auch ...
Als Kirche teilen wir nicht nur den Wunsch nach Veränderung, sondern auch ...
die Trauer über den Verlust von Menschenleben. Wie soll ich es nennen?: In diesem Zusammenhang wird spürbar, dass dem Segen auch etwas innewohnt, was Abschied, Trauer und Schmerz nicht ausweicht.
Segen ist ein Beziehungsgeschehen.
Ich kann mich nicht selber segnen. Ich brauche das Gegenüber, das mich segnet. Wenn ich Segen unter diesem Beziehungsaspekt betrachte, dann schwingt da noch viel mehr mit.
Ich kann mich nicht selber segnen. Ich brauche das Gegenüber, das mich segnet. Wenn ich Segen unter diesem Beziehungsaspekt betrachte, dann schwingt da noch viel mehr mit.
Jede Beziehung ist dynamisch und verändert sich. Es gibt Dinge, die man klären muss. So erlebe ich auch Segen: Was mich trägt, das verändert sich, das entwickelt sich. Das ist dynamisch.
Mein Leben liegt nicht in meiner Hand. Das kann man als Abhängigkeit, aber auch als Segensgefühl erleben. Für mich hat dieser Gedanke etwas Befreiendes.
Corinna ZisselbergerPfarrerin
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Nicolas

Wir haben eine wunderschöne Tradition in den Religionen. Wir haben tolle durchdachte, durchlebte Segensformeln, die haben eine ganz starke Kraft. Und diese Formeln sprechen auch manchmal ganz genau an, was ich gerade suche. Aber ...
... manchmal spreche in den Segen auch ganz frei. Weil ich merke, dass dieser freigesprochene Segen der Person, die den Segen möchte, wichtig ist.
Ich spreche also nicht immer einen bestimmten Segen, sondern der Segen ergibt sich aus dem gemeinsamen Gespräch.
Ich spreche also nicht immer einen bestimmten Segen, sondern der Segen ergibt sich aus dem gemeinsamen Gespräch.
Ich denke, dass wir eine Offenheit brauchen, um den Segen zu empfangen. Das betrifft uns alle. Also uns als Segnende. Aber auch die, die gesegnet werden wollen. Also der Wunsch, gesegnet zu werden, der muss schon da sein ...
... und so gemeinsam ergibt sich ein ganz schönes Bild, was den Segen ausmacht. Nämlich, dass wir ihn empfangen und dass wir ihn nicht unter Kontrolle haben. Denn der Segen kommt von Gott.
Ein Segen darf frei formuliert sein. Er darf vorformuliert sein. Ein Segen darf auch gestottert werden. Der Segen findet schon seinen Weg.
Nicolas BuddePfarrer
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Martina

Neulich kam eine Frau zu mir, die mich fragte: „Gibt es denn etwas, damit mein Kind gestärkt wird, ohne dass es gleich getauft werden muss?“ Habe ich gesagt: „Klar“. Als ich ein bisschen nachgefragt habe, stellte sich - wie bei mir - ein interreligiöser Hintergrund heraus ...
... Der Mann Moslem, sie Christin. Und die Frau hat mir erzählt, dass sie sich eben jetzt noch nicht festlegen wollen auf eine Religion des Kindes. Und da war für mich wiedermal klar: Segen ist wirklich so ein Geschenk des Himmels.
Die erste Erinnerung, die ich so an Segen habe, hat mit meiner Oma zu tun. Wenn meine Oma zu Besuch war, dann hat sie mich immer für den Schulweg gesegnet. Und wenn ich anderen Kindern damals davon erzählt habe, dann fanden die das befremdlich. „Was, deine Oma?“ ...
Aber ich fand es auch schön, davon zu erzählen. Und es gab auch Andere, die haben gesagt: „Ach, ich frag mal meine Mutter, ob die das auch macht.“ Aber meistens hat das nicht geklappt. Meine Eltern wären auch nie auf die Idee gekommen, mich zu segnen. Das war halt die Generation meiner Oma.
Mein Erleben von Segen ist über die Jahre viel reicher geworden. In einer Stadt wie Berlin, da ist es ja selbstverständlich, dass viele aus multireligiösen Partnerschaften kommen. Und es stellen sich interessante Fragen und wir kommen mit fertigen Konzepten gar nicht weiter. Sondern ...
wir entwickeln zusammen neue Formen. Bei der Taufe. Bei der Hochzeit. Bei der Beerdigung. Bei den unterschiedlichsten Segenswünschen.
Nicht nur sagen: Der Partner oder die Partnerin mit der anderen Religion soll auch vorkommen. Sondern zeigen, wie es geht. Das ist für viele ein riesiges Aha-Erlebnis. Das klingt total banal. Aber es ist gar nicht banal ...
Ich hör so viele schreckliche Geschichten. Das ist Fremdschämen für mich. Es sind eben in unserer Kirche nicht alle so offen wie das Team vom Segensbüro. Und das ist nicht nur eine Frage des Alters. Also deswegen: Ich möchte zeigen, was alles möglich ist.
Martina Steffen-ElişPfarrerin
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Alexander

Wir haben mal eine Andacht zum Valentinstag gefeiert mit anschließender Schlagerdisko. Da haben wir auch die Paare einzeln gesegnet. Hier in der Kirche mit Scheinwerfer und Konfetti. Und zwei aus der Gemeinde, die gerne mal ihre Plattensammlung mitbringen, haben dann auch aufgelegt ...
Da waren jüngere Menschen und ältere Menschen, die miteinander gefeiert haben. Das war total süß und hat totalen Spaß gemacht.
Segen ist immer gut. Also natürlich nur, wenn man mich darum bittet. Ich überfalle niemanden mit einem Segen. Hupps: Vorsicht Segen. (lacht). So nicht.
Zum Beispiel bei Beerdigungen, da spreche ich oft einen Segen am Ende der Beerdigung. Und dann sind die Menschen ganz berührt davon, die erwarten das gar nicht. Viele Angehörige haben Kirche ja selber nie erfahren. Und dann stehen wir da, ...
das Grab ist vielleicht noch offen, und die Menschen nehmen sich in den Arm oder an die Hand und wir sprechen dann nochmal einen Segen. Und man weiß, man geht vom Friedhof als lebendiger Mensch und als gesegneter Mensch.
Und bei der Verabschiedung auf dem Friedhof sage ich dann: „Auf Wiedersehen“. Dann höre ich oft: „Ah, lieber nicht“. Weil viele denken, dass ich nur Beerdigungen mache. Aber so ist es ja gar nicht. Ich mag die ganze Bandbreite.
Segen muss auf jeden Fall einfach alles abdecken und in jedem Lebensbereich vorkommen können. Vom gemeinsamen Glück bis zum Konfliktfall, zur Krise.
Alexander PabstPfarrer
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Andrea

Mit meinen Kindern bin ich mal nach Weihnachten rausgegangen und habe gesagt: „Kommt, wir finden einen Schatz.“ Die hatten keine Lust. „Was sollen wir da? Das hast du dir doch nur ausgedacht. Wir finden keinen Schatz.“ Und ...
... ich dachte: „Auweia.“ Und ein Kind blieb dann doch stehen. Weil es in einer Ritze so einen Rest von einem Weihnachtsstern entdeckt hatte. Und dann haben wir noch mehr davon entdeckt ...
So ist Segen manchmal zwischen den Ritzen versteckt, unter dem Staub. Segen ist nicht immer das große, riesige Leuchten, dass dann so eine wahnsinnige Emotionalität auslöst.
Zu meiner Einsegnung ins Gemeindepfarramt hatten meine Kolleginnen jede einen vollen Eimer voller Tischtennisbälle über mich ausgekippt. 300 Stück … und die sind dann alle durch die gesamte gesprungen. Das war ein besonderer Segen. Sehr spielerisch ...
Es gibt diesen Aspekt von Gott auch. Man darf das auch mal machen.
Ich hätte superlust, wenn Leute umziehen, zusammen entweder durch die schon leere Wohnung oder die noch nicht eingeräumte oder durch beide Wohnungen zieht. Also ...
mit einem Umzussegen, das Verlassen des alten Wohnortes und das Betreten der neuen Wohnung begleitet.
Das ist so eine meiner Ideechen. Aber es gibt noch viele viele weitere.
Andrea KuhlaPfarrerin (in Elternzeit)
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Alexander

„Mensch, Alexander, hättest du nicht was Vernünftiges werden können?“, hat mein Vater oft gesagt. Er war Druckermeister, ist früh verstorben und konnte mit Kirche nie was anfangen.
Und ich weiß, das klingt jetzt so ein bisschen sphärisch, aber ...
bei meiner Einsegnung als Pfarrer da musste ich plötzlich so weinen. Die Bischöfin war völlig verunsichert und flüsterte: „Herr Höner, ist alles in Ordnung?“
Irgendwas in mir hat gesagt: Alexander, sei nicht traurig. Ich bin doch hier.
... Mein Papa war mir so nah. Und ich habe zur Bischöfin gesagt: „Wenn Sie wüssten, was sich für mich gerade alles fügt.“
Sich Segen schenken lassen ist eine große passive Leistung. Das fällt uns Menschen unheimlich schwer.
Ich würde beim Thema Segen gerne eine Entlastung aussprechen. Ich möchte sagen: „Ihr müsst das gar nicht verstehen, ihr müsst nicht auf eine Art vorbereitet sein oder so.
Lasst euch den Segen schenken.“ Denen, die ...
vielleicht auch mal Probleme mit dem Annehmen von Segen haben, möchte ich sagen: „Du bist den Segen wert. Klar! Und ich mache das jetzt einfach. Also ich spreche über dich jetzt den Segen Gottes.“
Alexander HönerPfarrer
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Claudia

Es gibt ein lustiges Ereignis. Naja, am Anfang nicht lustig. Damals im Studium, da rief mich
mein Professor an: „Sie haben die Prüfung nicht bestanden“. Und dann ...
... hat er gesagt: „Aber sie sind ja eine Frohnatur.“ Was für ein bescheuerter Spruch, habe ich mir gedacht. Was soll das denn? Aber mittlerweile freue ich mich sehr, dass dieses Wort „Frohnatur“ so gut auf mich zutrifft.
Ich kann viele Dinge in meinem Leben mit einer gewissen Gelassenheit angehen. Und für diese Haltung habe ich nichts getan. Sondern die ist mir gegeben, geschenkt. Und insofern fühle ich mich im Leben gesegnet. Ich fühle mich von Gott gesehen.
In der Bibel werden ja andauernd Menschen gesegnet. Segen hat in der Bibel viel mit Alltag zu tun. Aber heute im Gottesdienst hat der Segen so was ganz Heiliges. Das wird nur den Amtspersonen zugestanden, obwohl das ja eigentlich quatsch ist ...
Jeder Mensch kann segnen. Es ist aber gar nicht so einfach, diesen Gedanken wieder neu in die Menschen eintropfen zu lassen.
Wenn nur zwei kommen und sagen: „Gib uns mal den Segen“, dann ist es damit für mich nicht getan. Ich kann mir nicht vorstellen jemanden zu segnen, ...
also für jemanden um den Segen zu bitten, der mir nicht einen Teil seiner Geschichte erzählt hat. Von diesem Menschen nicht gehört zu haben: Was war denn? Was ist denn mit dir?
Segen ist nicht nur da für das Glück, sondern auch für das Leid. Es bräuchte eine geschickte Art und Weise zu sagen: Die Fröhlichen wie die Weinenden dürfen kommen.
Claudia WüstenhagenPfarrerin
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Alexander

„Wir brauchen einen Abschiedssegen“, so haben sich mal eine Mutter und ihre Tochter an mich gewandt.
„Gibt es da irgendwas?“ Die Tochter ging für ein Schuljahr ins Ausland. Die brauchten irgendwie ein Ritual zum Abschied ...
... Abschied mit Segen. „Nö, gibt es eigentlich nicht. Aber es gibt ja auch nichts, was es nicht gibt. Lasst uns doch in der Kirche treffen, eine Kerze anzünden, Musik dazu hören, darüber sprechen, was dieser Schritt für euch bedeutet und den Segen Gottes dafür erbitten.“ Und das haben wir dann auch getan.
Taufen ist immer schön. Verheiraten ist schön. Aber auch Trauerfeiern haben oft ganz intensive, emotionale und schöne Momente. Manchmal kommen die Leute zu mir und sagen: „Die Trauerfeier war aber … schön. Oh, darf ich das überhaupt sagen?“ Und ich sage dann: „Klar! Eine Trauerfeuer darf auch schön sein.“
Gott ist ein Begriff für alles, was wir mit unmittelbarer Lebenskraft und Glück meinen. Alles, was wir uns vom Leben erwünschen. Das alles wird mit diesem Wort „Gott“ ausgesprochen. Also das ist ja kein personalisierter älterer Herr mit Rauschebart, der auf Wolke 7 sitzt.
Alexander RemlerPfarrer
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Georg

So mit vierzehn oder fünfzehn, sechzehn in der Schweiz, da habe ich meiner Oma mal erklärt, ich wüsste nicht, ob ich Christ sein wolle und ob ich glauben wolle und so. Dann hat sie gesagt: ...
„Jaja ... Meine Mutter hat gebetet, ich bete, deine Mutter betet. Du kommst da nicht weg“.
Das hat mich ziemlich empört damals.
Heute denke ich, dass Segen meint, in einer Reihe zu stehen. ...
Heute denke ich, dass Segen meint, in einer Reihe zu stehen. ...
Hinter mir stehen Frauen und Männer, die aus dem Wissen heraus gesegnet zu sein, gelebt haben.
Für mich hat Segen viel damit zu tun, dass ich damit rechne, dass es Größeres und Wichtigeres gibt als mich. Es gibt Kraftquellen, auf die ich zurückgreifen kann.
Ich finde alle Segenshandlungen spannend. Das interessante sind die Menschen, die kommen und ...
... zum Beispiel sagen: „Wir haben ein Kind, wir möchten es vielleicht taufen oder vielleicht segnen oder was würden sie jetzt …“, dann kommen wir ins Gespräch.
Georg SchubertPrädikant
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Victor

Es ist ja nicht so, dass der Pfarrer als Zeremonienmeister magisch etwas weitergibt. Sondern Segen ist, meiner Meinung nach, was Gott sowieso in diese Welt gegeben hat und gerne gibt und wir können es uns auch gegenseitig zusprechen.
Ich habe neulich einen alternativen Gottesdienst angeboten. Und da habe ich den Segen den Menschen und den Tieren, vor allem den Menschen und ihren Hunden, gespendet und das war auch eine ganz großartige Erfahrung. Also es ist nicht nur der Segen für den Menschen, sondern es hat so ausgestrahlt in die ganze Schöpfung.
Wie beliebt sind diese irischen Segenslieder aus den Liederbüchern. Segen muss nicht in alten Formeln stattfinden.
Wobei die alten Formeln halt schnell abrufbar sind. „Gott segne dich“. Das ist ja auch schon ein ein vollwertiger Segen.
Viktor WeberPfarrer (in Elternzeit)
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